Die aktuelle Situation

Ostthüringen blickt auf eine überaus erfolgreiche wirtschaftliche und soziale Vergangenheit zurück, an die verstärkt erneut angeknüpft werden soll. Beispielsweise war Gera am Anfang des 20. Jahrhunderts neben Krefeld die reichste Stadt und Greiz konnte 1902 die meisten Millionäre pro Einwohner in Deutschland vorweisen. Gründe für die erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung waren vor allem die Einführung der Gewerbefreiheit 1863, die eine Liberalisierung des Wirtschaftslebens einleitete, die verkehrsgünstige Lage sowie die Verfügbarkeit von Rohstoffen, u.a. durch den Bergbau. Die regionale Industrie entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasant. Im Jahre 1895 erreicht der Anteil der Industriebevölkerung an der Zahl der Erwerbstätigen der Fürstentümer Reuß jüngere Linie (Gera) und Reuß ältere Linie (Greiz) mit 68 % im Vergleich zu 50 % in Sachsen und 39 % deutschlandweit einen außerordentlich hohen Anteil und bis in die DDR-Zeit hinein verfügte die Region über große Unternehmen, insbesondere in den Branchen Bergbau, Textilindustrie und Maschinenbau.

Nach den Weltkriegen

Auch nach den Weltkriegen war die Region wirtschaftlich erfolgreich. Von 1950 bis 1990 nahm die Uranlagerstätte Ronneburg (heute Landkreis Greiz) mit ihren fünf Hauptbergwerken die führende Position innerhalb der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut ein, die bis 1990 weltweit der viertgrößte Produzent von Uran war. Und parallel zum Bergbau waren auch Textilindustrie sowie der Maschinenbau weiter von wichtiger regionaler Bedeutung.

Die strategisch wichtige Uran-Industrie führte u.a. dazu, dass Gera – vorbei an Jena – zur Bezirkshauptstadt aufstieg.  Diese Position war zu DDR-Zeiten mit Einfluss und verbesserter Versorgung insbesondere im Vergleich zur umliegenden Region einschließlich Jena verbunden. Auch verfügte Gera ab 1950 mit dem Bergarbeiterkrankenhaus der SDAG Wismut, der Bezirkslungenklinik Ernsee sowie dem Bezirkskrankenhaus über eine überdurchschnittlich gute medizinische Versorgung.

Probleme nach der Wende

Nach der Wende wurde mit dem Rückbau des Wismut-Konzerns der Bergbau eingestellt und Textilindustrie sowie Maschinenbau brachen in vielen Bereichen ein, da diese Branchen nicht zuletzt aufgrund fehlender Forschungseinrichtungen nicht innovativ genug waren. Gera verlor den Bezirkshauptstadt-Status, viele Privilegien und die gesamte Region musste nicht nur unmittelbar nach der Wende, sondern auch danach überdurchschnittliche Verluste an Arbeitsplätzen verkraften. So verlor Gera noch zwischen 1994 und 2014 39,9 % an Arbeitsplätzen und ist damit deutschlandweit die fünftletzte Gebietskörperschaft beim Beschäftigungswachstum, Greiz mit 35,4 % Verlust an der neuntletzten Position:

„Insgesamt betrachtet hat sich in Gera seit 1990 eine umfassende Prekarisierung der Arbeitswelt herausgebildet, die schon heute und erst recht im Alter für die Betroffenen dramatische Auswirkungen hat.“ Nicht zuletzt dadurch lässt sich das niedrige Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen erklären, das 2015 im Landkreis Altenburger Land 54,1 T€, im Landkreis Greiz 54,0 T€ und in Gera 51,6 T€, betrug, bei einem Durchschnitt von 56,4 T€ in Thüringen sowie 70,4 T€ in Deutschland.